Herzogenmühle
Herzogenmühle
Die Herzogenmühle - Unser Zunftwagen
Der Entscheid zum Bau
Erstmals hat die Zunft Schwamendingen 1975 am Sechseläuten teilgenommen. An diesem trat die junge Quartierzunft jedoch noch ohne ihr Wahrzeichen, die stattliche "Herzogenmühle", auf.
In der Vorbereitenden Gesellschaft war der Wunsch nach einem eigenen Wagen bereits schon geäussert worden. Es bildete sich eine Wagenkommission unter dem Vorsitz von Franz Seitz welche 12 Mitglieder umfasste. Zunächst wurde der Bau eines Wagens mit der St. Niklaus-Kirche aus Schwamendingen diskutiert. Obwohl dieser Kirche grosse Bedeutung im entwicklungspolitischen Leben der beiden Gemeinden Oerlikon und Schwamendingen zukam, und Schwamendingen über Jahrhunderte die bedeutendere der beiden Gemeinden war, kam die Kommission zum Schluss, dass dies nicht ein besonders gelungenes Sujet für das Sechseläuten darstellen konnte. Natürlich spielte es auch eine Rolle, dass unsere Göttizunft bereits den Namen St. Niklaus gewählt hatte. Als Sujet wurde u.a. auch das ehrwürdige Aubrüggli in Betracht gezogen. Man gelangte aber schliesslich zur Auffassung, dass am Umzug bereits genügend statische Monumente mitgetragen werden und dass ein mobiles Element nur belebend wirken könne.
Die Wagenkommission verkleinerte sich und so machten sich Schreinermeister Kurt Benz, Techniker Ueli Kleboth, Architekt Hans Hächler und Franz Seitz, damals Inhaber einer mechanischen Werkstätte, daran, die einst zu Schwamendingen gehörende, heute jedoch jenseits der Stadtgrenze auf Walliseller Gebiet stehende Herzogenmühle darzustellen. Diese Mühle hatte im Leben der Bauern aus Schwamendingen eine grosse Bedeutung, liessen diese doch jahrhundertlang daselbst ihr Getreide mahlen. Übrigens löste sich die "richtige" Herzogenmühle von der Schul- und Kirchgemeinde Schwamendingen erst am 1. Januar 1934, obwohl der Streit um die Herzogenmühle schon seit 1845 dauerte. 1894 "gewann" Wallisellen eine Volksabstimmung, doch die seltsame Zweiteilung: politisch zu Wallisellen, in bezug auf Kirche und Schule zu Schwamendingen, blieb noch eine Weile bestehen. Der Name Herzogenmühle geht übrigens auf einen früheren Besitzer, einen Müller namens Herzog, zurück.
Eine Versammlung der Vorbereitenden Gesellschaft genehmigte einen Kredit von Fr. 400.- zum Bau eines Modells. Dies wurde dann auch tatsächlich gebaut. Den eigentlichen Bau des Zunftwagens, dessen Gestalt aus statischen Gründen von demjenigen des Modells abwich, finanzierten die Zünfter mit "Bausteinen" zu Fr. 100.-. Diese wurden in Form von Anteilscheinen ausgegeben. So kamen etwa Fr. 20'000.- zusammen. Es sei hier nur am Rande erwähnt, dass der letzte Baustein Mitte der 80er Jahre zurückgezahlt wurde. In den Bau des Zunftwagens wurde sehr viel investiert. Rund 1000 freiwillige und unbezahlte Arbeitsstunden haben die erwähnten Zünfter im Altried, in Schwamendingen und in Hittnau geleistet um den Wagen zu erbauen.
Der Bau
Auf einem speziell angefertigten Chassis, vor das am Sechseläutenumzug fünf Pferde gespannt werden, wurde aus Weisstannenholz ein Fachwerk aufgebaut: die Fassade der "Herzogenmühle". Die Überdachung aus Schilf wurde, damit fachmännische Arbeit gewährleistet war, von zwei extra aus Holland hergereisten Dachdeckern angefertigt. Besondere Attraktion ist natürlich das oberschlächtige Wasserrad von 2.6 Metern Durchmesser. Schrauben halten die verschiedenen Teile aus Lärchenholz zusammen. Die fingerdicken Eisen wurden, damit alles möglichst echt aussieht, wie die um das Rad gelegten Stahlreifen, patiniert. Diese Bandagen und natürlich auch die viereckigen Unterlagsscheiben sind Eigen- und Einzelanfertigungen. Man setzte ohnehin alles daran, eine möglichst genaue Kopie einer Mühle zu bekommen. In Oberitalien wurde deshalb an einer von französischen Mühlenbauern gelieferten Mühle Mass genommen, damit die Pläne für das Mahlwerk originalgetreu im Bau umgesetzt werden konnten.
Als besonders heikle Arbeit erwies sich die Herstellung des seitlich auf dem buchenen Stirnzahnrad sitzenden Zahnkranzes. Über dieses Zahnrad, auf derselben Achse wie das Wasserrad, wird das Mahlwerk angetrieben. Am Sechseläuten erfolgt der Antrieb des mechanischen Teils über einen Elektromotor. Damit sich der Motor am 400 kg schweren Wasserrad nicht übernimmt, wurde eine alte Renault-Kupplung dazwischengeschaltet.
Beeindruckend sind die Masse der "Herzogenmühle". Rechnet man jeweils anderthalb Tonnen für die Aufbauten und das Chassis, so ergibt das für die 7,25 Meter lange 2,8 Meter breite und 3,6 Meter hohe Herzogenmühle ein Gesamtgewicht von vier Tonnen. Ein am Anfang aufgebauter Plattenboden, auch mit etwa einer Tonne Gewicht, wurde in den 80er Jahren aus Gewichtsgründen entfernt. Um über die vom Strassenverkehrsamt bewilligte Wagenbreite von 2,3 Metern hinausgehen zu können, werden für den Umzug seitlich noch Blumenkisten angehängt. Der Sockel des Fachwerks ist mit Backsteinattrappen aus Kautschuk verkleidet. Auf einem Querbalken sind über dem Kutschersitz die vier Familienwappen der Erbauer verewigt.
Am Sechseläuten
Erstmals wurde die "Herzogenmühle" dann am Sechseläuten 1976 im Zug zum Feuer mitgeführt. Sie bildete damals, wie heute, geschmückt mit Blumen den Abschluss der Zunft Schwamendingen. Gezogen wird sie von 5 Pferden, was für den Fuhrmann eine echte Herausforderung bedeutet. Er muss die Geschwindigkeit des Zuges richtig einschätzen um ein Anfahren möglichst zu vermeiden und andererseits darf er im Umzug kein Loch entstehen lassen. Auch ist das Manövrieren in den engen Kurven, zum Beispiel das Einbiegen von der Schützengasse in die Bahnhofstrasse kein Kinderspiel - gilt es doch die Kurve "zu kriegen", nicht die Abschrankungen niederzureissen oder gar über die Beine der Zuschauer zu fahren.
Damit die "Herzogenmühle" jeweils für das Sechseläuten bereit ist, sind Jahr für Jahr Vorbereitungsarbeiten notwendig. Dazu treffen sich jeweils einige Zünfter am Samstag-Morgen vor dem Sechseläuten in Hittnau, wo die "Herzogenmühle" das Jahr hindurch eingestellt ist. Der Wagen wird aus dem Unterstand gezogen, gereinigt und technisch kontrolliert. Mit kritischen Blicken und unter der kundigen Anleitung von Kurt Benz und Franz Seitz wird das Dach inspiziert und falls notwendig auch wieder zurecht geklopft. In all den Jahren seit dem Bau des Wagens hat das Schilf-Dach gehalten - und dies sind dieses Jahr doch schon 27 Jahre. Wartungsarbeiten am Chassis oder am komplexen Mahlwerk sind von Zeit zu Zeit angebracht. Jedes Jahr wird auch immer wieder das Reserverad überprüft. Im Fall einer Reifenpanne könnte auch am Sechseläutenumzug ein Radwechsel vorgenommen werden - das entsprechende Werkzeug befindet sich an Bord. Eine Bremsprobe rundet die Arbeiten ab, bevor die Herzogenmühle dann mit einem Range-Rover nach Volketswil in die Gärtnerei Wartmann überführt wird, wo sie mit dem Blumenschmuck versehen wird. Am Sechseläuten-Morgen wird die "Herzogenmühle" für den Apéro der Zünfter und Quartierbewohner vor das Gasthaus zum Hirschen überführt und kann von den Quartierbewohnern bewundert werden. Danach erfolgt ein Weitertransport mit einem Lastwagen auf das Gelände der Seepolizei, wo der Fuhrmann am frühen Nachmittag mit den Pferden sein schweres Fuhrwerk übernimmt.
Heute noch sind wir Zünfter aus Schwamendingen stolz auf unseren markanten Wagen, der unbestritten zu den schönsten im ganzen Umzug gehört!
Archiv
Dokumente zum Wagenbau aus dem Archiv:
Wagenvorbereitung 1992 284.49 Kb
Wagenvorbereitung 1993 283.58 Kb
Wagenvorbereitung 1994 144.04 Kb