Ortsgeschichte

Früheste Zeugen

1smallDer Zürcher Chronist Friedrich Vogel charakterisiert das Bild des Dorfes Schwamendingen im Jahre 1820 wie folgt: «Das Dorf Schwamendingen, welches etwa zwanzig Wohnhäuser zählt, liegt am linken Ufer der Glatt, über welche eine gedeckte Brücke, die sogenannte Aubrücke führt, an der grossen Strasse von Zürich nach Winterthur.»

Dieser Lage an einer wichtigen Hauptstrasse hatte Schwamendingen während Jahrhunderten seine Bedeutung zu verdanken. Und es ist nicht erstaunlich, dass die frühesten Zeugnisse menschlichen Lebens im Gebiet von Schwamendingen alle in der Gegend der Aubrücke gefunden wurden.

Mittelalterliche Verhältnisse

Mit der Schenkung Schwamendingens an das Grossmünster war dieses Grundherr geworden. Zu den verschiedenen Abgaben, Zinsen und Zehnten, welche die Dorfbewohner an das Grossmünster zu entrichten hatten, kamen auch Abgaben an den Probst selbst. So erhielt dieser zum Beispiel (für das Jahr 1230 notiert) von Schwamendingen einen Sechsteil Wein, ein halbes Schaf, einen Wagen Heu und zwei Wagen Holz.

Die Keller von Schwamendingen

Eine besondere Funktion im mittelalterlichen Schwamendingen kam dem Kehlhofer zu. Klöster und Kirchen setzten zur Aufsicht über ihren Grundbesitz und zum Bezug der Abgaben einen «Meier» ein. Der Ausdruck kommt aus der römischen Bezeichnung «villicus major», was soviel wie Oberbauer heisst. Auf grösseren Besitzungen wurde anstelle des «Meiers» ein «Keller» (cellerarius = Kellermeister) eingesetzt. Als Entschädigung für seine Mühe wurde dem «Keller» ein Lehenshof gegeben. In Schwamendingen war es der «Kehlhof», eines der grössten Bauerngüter des Kantons Zürich, dessen Gebäude heute noch steht. Dieser Kehlhof und sein Inhaber erscheinen erstmals in einer Pergament-Urkunde aus dem Jahre 929. Da wird eine Frau Wibilina als Tochter des Ruodpert genannt, welcher der «cellerarius zuo Swamundinga» gewesen sei.

Die Vogtei und Obervogtei in Schwamendingen

Schon 1428 war Schwamendingen eine selbständige Vogtei, zu der noch Oberhausen, Oerlikon, Opfikon, Seebach und Stettbach gehörten. 1615 legte die Stadt Zürich die Vogtei Schwamendingen ihrer Kleinheit wegen mit Rieden-Dietlikon und Dübendorf zu einer Verwaltungseinheit zusammen, die fortan Obervogtei Schwamendingen-Dübendorf hiess. 1781 umfasste sie folgende Dörfer: Dietlikon, Dübendorf, Dübelstein, Glattbrugg, Gockhausen, Geeren, Kämatten, Köschenrüti, Oberhausen, Oerlikon, Rieden, Rietmühle, Schwamendingen, Seebach und Stettbach. Als oberster Beamter stand an der Spitze der zürcherischen Obervogteien ein Obervogt, der im Gegensatz zu den Landvögten nicht in seiner Vogtei residierte, sondern in der Stadt wohnte. Die ersten Obervögte dieser vereinigten Vogtei waren: 1615 Christoph Keller, 1616 Hs. Kaspar Heidegger, 1618 Jakob Hafner, die letzten 1798 Diethelm Lavater und Hs. Rudolf Schaufelberger. Da der Obervogt selber nicht in seinem Amtsbezirk wohnte, kam dem Amts-Untervogt, der seinen Vorgesetzten in den meisten Amtshandlungen vertrat, besondere Bedeutung zu. Untervogt war die höchste Stelle, die Landbewohner in der zürcherischen Verwaltung erlangen konnten. Er wurde vom Rat der Stadt aus drei aus dem Schosse der Obervogtei gemachten Vorschläge gewählt.

Die St. Niklauskirche

St. Niklauskirche und Schwesternhaus Am 17. Oktober 1270 ersuchte Heinrich Manesse, Propst am Grossmünster, den Bischof von Konstanz um Erhöhung der Vice-Leutpriesterzahl und um neue Festsetzung der Pfarrer-Einkünfte. Aus diesem Gesuch geht hervor, dass der Pfarrer des Grossmünsters schon damals Einkünfte aus der Schwamendinger Widum hatte. Wie schon erwähnt, war eine Widum das zur Kirche gehörige Gut, aus dem der Geistliche besoldet wurde. Das Bestehen einer Widum setzte also auch das Bestehen einer Kirche voraus. Die Schwamendinger Kirche, die dem heiligen Niklaus gewidmet war, kann also schon viel früher bestanden haben. Sie war von Anfang an ein Filialhaus des Grossmünsterstiftes, Der Kirchendienst wurde von Zürich aus versehen. Das Absteigequartier des vom Grossmünster entsandten Leutpriesters befand sich im Kehlhof, wo dem Pfarrer zwei Stuben zur Verfügung standen.

Das Schwesternhaus

Zum kirchlichen Leben gehörte vor der Reformation auch das «Schwesternhaus», das sich etwas oberhalb des Bocklers im Wald befand. Als letzter Zeuge ist an der Stelle ihrer einfachen Klause heute noch ein roh behauener Rinnstein anzutreffen. Als Niederlassung der Nonnen aus dem III.Orden des hl. Franziskus ist das Schwamendinger Schwesternhaus 1449 erstmals urkundlich erwähnt. Über seine Entstehung wissen wir nichts. Ähnliche Häuser dieses Ordens gingen bis auf den Anfang des 13. Jahrhunderts zurück. Viele Klöster konnten damals die Menge der Zuströmenden nicht mehr fassen. Ausserhalb der strengen Ordensregeln entstanden deshalb da und dort Gemeinschaften, die sich (nach ihrem Stifter Lambert de Begue aus Lüttich) Beguinen und Begharden nannten. Sie bildeten eine halb weltliche, halb klösterliche Vereinigung, trugen besondere Kleidung, gelobten Keuschheit und Gehorsam für die Zeit ihres Aufenthaltes im Gotteshaus. Sie konnten aber jederzeit austreten und sich verheiraten. Vielenorts wurden sie auch Waldschwestern und Waldbrüder genannt. Sie widmeten sich vor allem der Krankenpflege. Als Beispiel mag das «Bruderhaus» im «Winterthurer walld» gelten, von dem es in einer Chronik heisst: «die selben Bruder haben auch muessen zu den kranken gan, es waerind rich oder arm, in der statt und uff dem Lannd».

Die alte Schwamendinger Schule

Schulen und Schulmeister gab es im Kanton Zürich schon in sehr früher Zeit. Aber sie waren nicht für alle da. Während der Jugendunterricht in Städten wie Zürich, Winterthur oder Regensberg schon im Mittelalter in grosser Achtung stand, wuchsen noch im 17. Jahrhundert auf der Landschaft viele Kinder «wie Rösser und Maultiere auf, die keinen Verstand haben».

Das Ende der alten Ordnung - Kriegstage in Schwamendingen

Unter dem Druck der anruckenden Franzosen verzichtete am 5. Februar 1798 die Stadt Zürich auf ihre Vorrechte gegenüber der Landschaft. Die bisherige Ordnung war zwar nicht als diktatorisch zu bezeichnen, die Gemeinden der Landschaft besassen eine weitgehende Selbstverwaltung. Aber das «väterliche Regime» der Stadt Zürich war auf seine Autorität doch sehr bedacht und behandelte die Landgemeinden in vielen Fällen wie unmündige Kinder. Deshalb wurde die Geburtsstunde der Freiheit überall jubelnd begrüsst. Am 21. Februar tagte erstmals die neugeschaffene, 176 Mitglieder starke «Landeskommission» der zürcherischen Lokalstände. Schwamendingen war durch Dorfmeyer Joh. Vollenweider vertreten.

Der Geist der neuen Schule

Der «Züriputsch», diese Miniatur-Revolution im September 1839, unterschied sich von anderen Bauernerhebungen dadurch, dass das Volk nicht etwa neue Freiheiten und Rechte forderte, sondern im Gegenteil eine allzu fortschrittliche Regierung zu Fall brachte.

Seit der Annahme der freiheitlichen Verfassung von 1831 gehörte Zürich zu den Kantonen, die das Volk als Inhaber der höchsten Gewalt anerkannten. Das neue, liberale Regiment widmete sich vor allem dem Ausbau des Schulwesens. Für die Heranbildung tüchtiger Lehrer wurde das Seminar in Küsnacht geschaffen. Dieses vorbildliche «Schullehrer-Institut» stand unter der Leitung des vielseitig begabten Württembergers Thomas Scherr, der im Auftrage des Erziehungsrates zugleich neue, zweckmässige Lehrmittel schuf, die zum erstenmal auch Geschichte, Geographie und Naturkunde in den Unterricht einbezogen.

«Der schöne 29. August» - Die Schwamendiger Volksversammlung

Glücklicherweise war das konservative Regiment der «Züriputsch»-Männer nicht von langer Dauer. Auf dem Weg zur endgültigen Liberalisierung unseres Kantons spielte Schwamendingen eine entscheidende Rolle.

Eine gewaltige Volksversammlung aus dem ganzen Kanton trat am 29. August 1841 unterhalb der Ziegelhütte zusammen. Gegenstand der Verhandlungen war die geplante Aufhebung der Klöster im Kanton St. Gallen, welcher sich die konservative Regierung, gestützt auf den Bundesvertrag, widersetzen wollte. Über 20'000 Mann waren nach Schwamendingen gekommen.

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